beschlossen am 07.01.2017 von der gemeinsamen Tarifkommission der studentischen Beschäftigten von ver.di und GEW BERLIN
1. Sofortige Anhebung des Lohns auf 14,00€/h
Wir fordern einen Stundenlohn von 14,00 €. Der Betrag entspricht dem Ausgleich der historischen Inflation seit der letzten Lohnanpassung im TV Stud im Jahr 2001, zuzüglich der prognostizierten Inflationsrate für 2017 (Bundesbank: 1,4 %).
Warum wir das fordern:
Der Stundenlohn entspricht somit dem Wert dessen, was eine Arbeitsstunde im Jahr 2001 wert war. Gegenüber unserem derzeitigen Lohn von 10,98 € bedeutet das einen Anstieg um 27,5 %. Ein Ausgleich des in den letzten 16 Jahren verlorenen Lohns durch die Hochschulen ist
a) notwendig in einer Stadt, die sich seit 2001 extrem verteuert hat (Vor allem in den Bereichen Wohnen und Mobilität, für die Studierende verhältnismäßig mehr Geld ausgeben als andere). Gleichzeitig ist der Betrag von 14 €
b) für die Unis leistbar. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie diesen Lohn in der Vergangenheit ja bereits pro Arbeitsstunde gezahlt haben[1].
Vor allem für Studierende, die nicht (mehr) familienversichert sind und sich selbst versichern müssen, Kinder haben oder für ihren eigenen Unterhalt aufkommen, ist ein signifikanter Lohnanstieg wichtig. Für diejenigen studentischen Beschäftigten, die familienversichert sind, kann ein Lohnanstieg unter Umständen zu einem Problem werden, da sie bei Überschreiten der Bemessungsgrenze von derzeit 508,33 € / Monat inkl. Werbekostenpauschale aus der Familienversicherung fallen. Ein Lohnanstieg kann somit einen de facto Einkommensverlust bedeuten. Das wollen wir verhindern! Daher verknüpfen wir diese Forderung mit einer Regelung zur freiwilligen Stundenreduktion (siehe 4.).
2. Dynamisierung: Eine automatische Anpassung an die Lohnsteigerung der anderen Beschäftigten an den Hochschulen
Wir fordern eine Bindung des TV Stud an die Lohnsteigerungen des TV-L. Das heißt, Lohnsteigerungen im TV-L werden damit zeitgleich mindestens zu 100 % auf die studentischen Beschäftigten übertragen.
Warum wir das fordern:
Für die anderen Beschäftigten der Hochschulen gilt der Tarifvertrag Länder (TV-L) in der mit den Berliner Hochschulen vereinbarten Fassung. Dieser wird regelmäßig neu verhandelt, wobei Lohnsteigerungen durchgesetzt werden. Wir fordern eine Bindung des TV Stud an die Lohnsteigerungen des TV-L. Das heißt, Lohnsteigerungen im TV-L werden mindestens zu 100% auf die studentischen Beschäftigten übertragen. Dadurch verhindern wir einen erneuten Stillstand über 16 Jahre.
3. Wiedereinführung der Jahressonderzahlung
Wir fordern für die studentischen Beschäftigten eine Gleichbehandlung mit den hauptberuflich Beschäftigten der Berliner Hochschulen, die nach TV-L (an der HTW nach TVöD) eine Jahressonderzahlung erhalten. Wir fordern, dass die studentischen Beschäftigten entsprechend ihres Entgelts eine Jahressonderzahlung in Höhe von 95 % eines Monatsbruttogehalts analog zu den Entgeltgruppen E1-E8 im TV-L (bzw. TVöD) erhalten.
Warum wir das fordern:
Bis ins Jahr 2003 gab es auch für studentische Beschäftigte eine „Zuwendung“, das sogenannte „Weihnachtsgeld“. Für studentische Beschäftigte in den Einrichtungen des Landes gibt es das sogar wieder. 2004 haben die Hochschulen dieses Weihnachtsgeld einseitig gestrichen und weigern sich seitdem, es zuzahlen bzw. wieder einzuführen. Sie haben hier schlicht beschlossen, an den sowieso schon niedrigsten Gehältern ihrer Betriebe zu sparen. Aus einer aktuellen Kleinen Anfrage der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus vom August 2016 (Drucksache 17/18990) geht hervor, dass alleine die TU seitdem in Summe fast 12.000.000 € durch die Streichung des Weihnachtsgeldes für studentische Beschäftigte eingespart hat. An der HU sind es ca. 7.000.000 €. Mehrere Gerichtsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht waren erfolglos und die Streichung des „Weihnachtsgeldes“ wurde schließlich hingenommen.
Unter dem neuen TV-L bekommen alle anderen Beschäftigten an den Hochschulen seit 2011 eine solche „Jahressonderzahlung“. Gerade in der Ferienzeit, wenn viele Studierende für Zugtickets, Geschenke oder Heizkosten tiefer in die Tasche greifen müssen, fehlt das nötige Geld, das unsere Kolleg*innen und Vorgesetzten bekommen. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als die Gleichbehandlung mit unseren Kolleg*innen und Vorgesetzten durch die Übertragung der Regelung zur Jahressonderzahlung aus dem TV-L auf den TV Stud (im Umfang von 95 % eines Monatsbruttos).
4. Regelung zur freiwilligen Stundenreduzierung
Der besondere Status als Studierende sowie die Studienrealität stellen an studentische Beschäftigte besondere Anforderungen hinsichtlich der Flexibilität ihrer Beschäftigung. Daher brauchen sie spezielle Möglichkeiten zur Reduzierung des Stundenvolumens.
Wir fordern daher, dass studentische Beschäftigte die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit auf ihren Antrag hin für einen befristeten Zeitraum reduzieren können. Diese individuelle Reduzierung soll verlängert werden können. Eine Reduzierung auf unter 40 Stunden/Monat muss möglich sein. Eine Reduzierung muss auch in geringem Umfang möglich sein.
Warum wir das fordern:
Wir halten an der Mindeststundengrenze von 40 Stunden / Monat in den Universitäten fest (siehe 14.)! Diese Untergrenze ist wichtig, da sie die Garantie darstellt, dass man durch den Job als studentische*r Beschäftigte*r ein Mindesteinkommen hat. Außerdem stellt diese Untergrenze sicher, dass man relativ regelmäßig arbeitet und nicht nur für geringfügige oder unregelmäßige ad-hoc Arbeitseinsätze herangezogen wird, wobei häufig Kolleg*innen gegeneinander ausgespielt werden. Sie ist auch ein gutes Mittel gegen unbezahlte Mehrarbeit, die tendenziell mit einem geringeren Stundenumfang zunimmt. Um eine (weitere) Prekarisierung studentischer Beschäftigung zu verhindern, ist die Mindeststundengrenze daher absolut notwendig.
Dennoch ist es wichtig, dass es die Möglichkeit zur freiwilligen Stundenreduzierung gibt. Vor allem für Beschäftigte, die durch eine Lohnerhöhung aus der Familienversicherung fallen und für die eine Lohnerhöhung einen de facto Einkommensverlust bedeuten würde (siehe 1.). Wir wollen deshalb tarifvertraglich regeln, dass die schon existierende Möglichkeit der Stundenreduzierung auf Antrag der/des studentischen Beschäftigten leichter in Anspruch genommen werden kann.
5. Schutz vor Arbeitsverdichtung
Wir fordern einen Schutz vor Arbeitsverdichtung in Tutorien. Das bedeutet z.B. Obergrenzen für die Tutoriumsbelegung und die Festlegung von angemessenen Vor- und Nachbereitungszeiten.
Warum wir das fordern:
Die Hochschulen bekommen laut den Hochschulverträgen für jede*n eingeschriebene*n Studierende*n Geld. Das Geld aus den Hochschulverträgen kommt jedoch nicht dort an, wo es gebraucht wird: Steigende Studierendenzahlen bedeuten einen erhöhten Druck auf Lehrende und vor allem auf Tutor*innen, die häufig in die Situation kommen, in Erstsemestertutorien und Grundlagenmodulen die Mängel von Massenlehrveranstaltungen auszugleichen.
Gleichzeitig schreiben sich die Hochschulen das Prinzip der „guten Lehre“ auf die Fahnen und fördern Initiativen und Professor*innen, die sie mit Preisen für „gute Lehre“ auszeichnen. „Gute Lehre“ fängt aber in den Tutorien an! Wenn die Unis es ernst meinen mit einem guten Betreuungsverhältnis von Lehrenden und Lernenden, wenn Tutorien Räume für Rückfragen, Übungen und individuelle Förderung sein sollen, dann muss die Teilnehmer*innenzahl überschaubar sein und die Tutor*innen müssen genug Möglichkeit bekommen ihr Tutorium vor- und nachzubereiten. Wir fordern, dass die Universitäten sich u.a. durch Höchstbelegungszahlen für Tutorien und einer Festlegung von angemessenen Zeiten für die Vor- und Nachbereitung zum Prinzip der „guten Lehre“ bekennen, mehr Tutor*innen einstellen und so für ein gutes Betreuungsverhältnis in den Veranstaltungen und Grundlagenmodulen sorgen.
6. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf mehr als 6 Wochen erhöhen
Für viele studentische Beschäftigte bildet das Einkommen aus der Beschäftigung einen relevanten Teil ihrer Existenzgrundlage. Zugleich erwerben sie im Normalfall keinen Anspruch auf Krankengeld.
Wir fordern deshalb: Um die Fortführung des Studiums und folglich auch der Beschäftigung trotz längerer Krankheit zu sichern, muss der Arbeitgeber den Lohn künftig für 26 Wochen zu 100 % fortzahlen.
Warum wir das fordern:
Das „Entgeltfortzahlungsgesetz“ sieht vor, dass die Arbeitgeber*in im Krankheitsfall den Lohn für bis zu 6 Wochen weiter auszahlt. Sollte eine Erkrankung länger als diese 6 Wochen dauern, so springt die Krankenkasse ein, zahlt an Stelle des Lohns das Krankengeld (70-90% des Bruttolohns) aus und erlaubt der Arbeitgeber*in mit dem Lohn eine Ersatzeinstellung vorzunehmen. Das Problem ist, dass die gesetzlichen studentischen Krankenversicherungen alle Krankengeld explizit ausschließen! Ist man als Studierende*r länger als 6 Wochen krank, so fällt einerseits der Lohn weg, andererseits bekommt man gar keine Ersatzzahlung in Form eines Krankengeldes! Das betrifft vor allem sozial schwache, ältere und chronisch kranke Studierende und stellt somit eine extreme soziale Benachteiligung dar. Die Hochschulen könnten im Tarifvertrag diesen Missstand entschärfen, indem sie zusichern, den Lohn länger als das gesetzliche Minimum auszuzahlen. Bei der relativ geringen Zahl an Fällen sind die Kosten hierfür für die Hochschulen gering, für die Betroffenen ist es aber umso wichtiger!
Für alle anderen Beschäftigten an den Hochschulen sieht der TV-L einen Zuschuss zum Krankengeld (zwischen 13 und 39 Wochen) vor, sofern diese min. 1 Jahr gearbeitet haben. Wegen dem fehlenden Krankengeld ist dieses Modell nicht auf studentische Beschäftigte übertragbar. Eine längere Lohnfortzahlung ist für uns die einzige Lösung.
7. Beschäftigungszeitraums von 4 Semestern
Wir fordern die tarifvertragliche Absicherung der regelmäßigen Vertragslaufzeit von vier Semestern.
Längere Beschäftigungsverhältnisse sollen immer möglich sein.
Warum wir das fordern:
Derzeit ist die Dauer unserer Arbeitsverträge nur im Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) verankert. Obwohl diese Regelung dadurch für uns gültig ist, fordern wir, die Formulierung „Die Beschäftigungsverhältnisse werden in der Regel für vier Semester begründet“ in den TV Stud zu übernehmen. Das hat einen einfachen Grund: Politische Verhältnisse können sich ändern und die* zukünftige Gesetzgeber*in könnte leicht auf die Idee kommen, diesen Passus zu streichen. Durch die Übertragung dieser Formulierung auf den TV Stud haben wir eine weitere Absicherung, dass die Arbeitsverhältnisse studentischer Beschäftigter nicht prekärer werden als sie sind.
8. Recht auf Weiterbeschäftigung
Wir fordern: Auf Antrag der studentischen Beschäftigten erfolgen Weiterbeschäftigungen jeweils um in der Regel weitere vier Semester bis zur gesetzlich festgelegten Höchstbefristungsdauer.
Wir fordern zudem eine sinngemäße Anwendung von § 2 Abs. 5 WissZeitVG auf studentische Beschäftigte.
Warum wir das fordern:
Unsere Verträge werden nach BerlHG in der Regel für 4 Semester bzw. 24 Monate geschlossen. Aus verschiedensten Gründen wird diese Regel immer wieder nicht eingehalten. Eine Kleine Anfrage der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus vom August 2016 (Drucksache 17/18990) hat gezeigt, dass eine große Zahl der Arbeitsverträge studentischer Beschäftigter kürzer als 24 Monate Laufzeit haben. Was auch immer die Gründe dafür sind, diese Befristungen zu vereinbaren, Weiterbeschäftigung sollte die Regel sein! Sofern die Aufgaben der Arbeitsstelle sich nicht grundlegend ändern oder die Stelle als Ganzes wegfällt, sollten zuerst die eingestellten Personen die Möglichkeit bekommen, ihre Weiterbeschäftigung anzumelden. Bis zum Erreichen der Höchstbefristungsdauer von 6 Jahren sollten Arbeitsverhältnisse nur auf Wunsch der studentischen Beschäftigten enden. Das gibt den studentischen Beschäftigten eine gewisse finanzielle Sicherheit und verhindert, dass sie gegen Ende der Vertragslaufzeit zum Spielball ihrer Vorgesetzten oder der Universitätsverwaltungen werden. Denn gleichzeitig gibt es bisher keine Regeln, die besagen, wie lange eine Weiterbeschäftigung erfolgen soll. Studentische Beschäftigte sind vom Wohlwollen ihrer Vorgesetzten abhängig und können z.B. auch nur semesterweise oder sogar noch kürzer verlängert werden.
Wir fordern entsprechend der Formulierung zur Beschäftigungsdauer im BerlHG eine Regelung, dass Weiterbeschäftigungen „in der Regel 4 Semester betragen“, sofern die Höchstbefristungsdauer nicht erreicht ist! Ausnahmen davon müssen begründet werden! Des Weiteren verlangen wir von den Hochschulen, dass bei Weiterbeschäftigungen soziale Härtefälle sowie studentische Beschäftigte die Gremienarbeit leisten, besonders berücksichtigt werden.
9. Sechs Wochen Erholungsurlaub
Die bisherige Regelung im TVStud II von 26 Urlaubstagen bei einer 5-Tage-Woche benachteiligt die studentischen Beschäftigten gegenüber allen anderen Beschäftigten der Hochschulen.
Wir fordern, dass der Urlaubsanspruch von 6 Wochen (30 Tage bei 5 Arbeitstagen) analog den Regelungen im TV-L (und TVöD) auch im TVStud verankert wird.
Warum wir das fordern:
Der Urlaubsanspruch studentischer Beschäftigter ergibt sich aus der Koppelung an den mittlerweile ungültigen Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT). Dieser Tarifvertrag sah verschiedene Altersstufen vor, nach denen der Erholungsurlaub gestaffelt war. Studentische Beschäftigte haben so viel Urlaub, wie die niedrigste Altersstufe des BAT vorsah (5 Wochen). Der Europäische Gerichtshof hat 2003 eine derartige Staffelung des Urlaubs als Altersdiskriminierung bezeichnet und für ungültig erklärt. Seit 2006 ist Altersdiskriminierung in Deutschland durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten. Die Gewerkschaften haben es durchgesetzt, dass in der Nachfolgeregelung des BAT, dem TV-L alle Beschäftigten an den Hochschulen einen Urlaubsanspruch von 6 Wochen haben. Wegen unseres alten Tarifvertrags sind wir die einzige Ausnahme! Wir fordern daher, dass der Urlaubsanspruchs von 6 Wochen, der für alle anderen Beschäftigten an den Berliner Hochschulen gilt, auf den TV Stud zu übertragen wird!
10. Sonderurlaub und Arbeitsbefreiung
Wir fordern, dass studentischen Beschäftigten bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auf Antrag Sonderurlaub gewährt wird.
Wir fordern unter Anlehnung an und Weiterentwicklung von § 29 TV-L eine Verankerung von Arbeitsbefreiungen im TV Stud, die den Lebensrealitäten studentischer Beschäftigter entsprechen.
11. Qualifizierung
Wir fordern, dass ein Anspruch auf Qualifizierung im TV Stud verankert wird. Die für Qualifizierungsmaßnahmen aufgewendete Zeit muss als Arbeitszeit gelten. Die Kosten müssen von den Hochschulen getragen werden. Die Teilnahme muss von den Hochschulen schriftlich bestätigt werden. Die künftige Regelung soll ebenfalls Qualifizierungsmaßnahmen nach längerer Abwesenheit umfassen, z. B. nach Erkrankung oder Elternzeit bzw. Schwangerschaft.
12. Bildungsurlaub
Wir fordern die Verankerung eines Bildungsurlaubs für studentische Beschäftigte in Höhe von 10 Arbeitstagen pro Kalenderjahr.
13. Bereitschaftsdienste
Es ist tarifvertraglich auszuschließen, dass studentische Beschäftigte zu Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdiensten herangezogen werden.
14. Untergrenze von 40 Stunden
Wir fordern, dass das Mindeststundenvolumen von 40 Stunden / Monat künftig auch für die Hochschulen gelten soll.
Die bisherige Regelung setzt eine Untergrenze von 40 Stunden / Monat für studentische Beschäftigte an den Universitäten. An den übrigen Hochschulen gilt sie nicht. Das stellt eine unangemessene Benachteiligung der studentischen Beschäftigten dieser Hochschulen dar.
Was wir nicht fordern:
1. Verschiedene Lohnstufen nach Qualifizierung (Mehr Lohn, wenn man einen BA/BSc- bzw. MA/MSc-Abschluss hat)
Warum wir das nicht fordern:
An uns wurde mehrfach die Bitte herangetragen, uns für eine Lohnstaffelung nach qualifizierendem Abschluss (BA/BSc- bzw. MA/MSc-Abschluss) einzusetzen. Wir haben innerhalb der Initiative verschiedene Meinungen dazu, kamen im Zuge mehrerer Gespräche aber zu dem Schluss, dass wir dieses Modell nicht als Forderung erheben wollen. Das sind unsere Gründe:
- Eine Lohnstaffelung nach qualifizierendem Abschluss bricht mit dem Prinzip: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Kolleg*innen, die mitunter dieselbe Arbeit erledigen, bekommen weniger Geld für dieselbe Leistung.
- Es besteht die Gefahr, dass zunehmend „billige“ studentische Beschäftigte eingestellt werden, ohne dass wirklich klar ist, ob diese nur einfache Hilfstätigkeiten ausüben. Der höhere Lohn könnte sich negativ auf die Chancen besserqualifizierter Bewerber*innen auswirken.
- Qualifizierungsstufen suggerieren wissenschaftliche Tätigkeiten. Die Tätigkeiten als studentische Beschäftigte sind im Berliner Hochschulgesetz definiert als „Hilfstätigkeiten“ für Forschung und Lehre. Dabei ist relativ klar, dass es sich um Zuarbeit handelt und eigenständige Arbeit in Forschung und Lehre, Aufgaben des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen sind. Qualifizierungsstufen suggerieren, dass manche studentischen Beschäftigten mehr als nur Zuarbeit leisten. Dadurch treten wir in Konkurrenz zum akademischen Mittelbau und dem hauptamtlichen Personal der Hochschulen und tragen zu deren weiterer Prekarisierung bei. Wir begrüßen prinzipiell die Möglichkeit, als studentische*r Beschäftigte*r wissenschaftlich (mit) zu arbeiten. Wenn wissenschaftliche Tätigkeiten aber der bestimmende Aspekt einer Stelle sein sollen, dann sollte diese gar nicht über TV Stud entlohnt werden, sondern als WiMi-Stelle.
- Es ermöglicht den Arbeitgeber*innen, verschiedene Beschäftigtengruppen gegeneinander auszuspielen. Die Erfahrung der vergangenen Tarifverhandlungen hat gezeigt, dass unterschiedliche Beschäftigtengruppen gegeneinander ausgespielt werden können. Eine Lohnstaffelung in 1.) Tutor*innen und „wissenschaftlichen“ Hilfskräften an Unis, 2.) Tutor*innen und „wissenschaftlichen“ Hilfskräften an FHs und 3.) „Hilfskräften ohne Zwischenprüfung“ gab es bereits in den 70ern und 80ern. Bei den Tarifverhandlungen zum ersten Tarifvertrag 1980 wurden sogar Lohneinbußen bei manchen studentischen Beschäftigten durchgesetzt, um überhaupt zu einem Abschluss zu kommen.[2] Die Abschaffung der verschiedenen Beschäftigtenstufen war ein Erfolg der vergangenen Tarifverhandlungen und sollte eine Konstellation des „teile und herrsche“ für die Hochschulen unmöglich machen.
Schön und gut, aber „Was tun“? – 1000 Neueintritte in die Gewerkschaft!
Um diese und weitere Forderungen durchzusetzen brauchen wir die Möglichkeit in den Verhandlungen mit den Hochschulen Druck auszuüben. Dieser Druck ist einerseits symbolisch, durch eine breite Unterstützung an den Unis, Aktionen, Flyer und Demos, andererseits aber auch ganz praktisch – durch einen Warnstreik oder wenn es sein muss auch durch längere Streiks generierbar. Die Erfahrung der letzten Verhandlungen 2011 hat gezeigt, dass das notwendig ist. Damals haben die Hochschulen – nach 10 Jahren Stillstand – eine Lohnsteigerung von 0,26 € angeboten und weitere Forderungen vom Tisch gewischt. An diesem Punkt hätte ein Warnstreik die Unis zu einem ernsthaften Angebot bewegen müssen. Doch der blieb aus, weil der Organisierungsgrad der Gewerkschaften zu gering und somit ein Streik nicht möglich war. Diesen Fehler wollen wir nicht noch einmal machen! Deshalb brauchen wir einen hohen Organisierungsgrad durch 1000 Neueintritte in Ver.di und GEW. Nur durch eine breite Unterstützung können wir unsere Situation realistisch verbessern!
Das sind weitere Dinge, die du tun kannst, um uns zu unterstützen:
- Melde dich für unseren Newsletter an und bleib informiert
- Informiere Kolleg*innen und Kommiliton*innen über die Tarifinitiative, unsere Forderungen, den Stand der Verhandlungen und geplante Aktionen. Auch wenn sie noch keinen Job an der Uni haben: Rückhalt unter den Studierenden ist essentiell!
- Komm zu den Treffen unserer dezentralen Aktionsgruppen. Diese gibt es an den verschiedenen Berliner Hochschulen. Sie sind ein einfacher Weg sich zu engagieren und in die Kampagne einzusteigen. Die Treffen werden über Facebook und die Homepage bekanntgegeben.
- Mach mit in unserem Aktivenkreis! Wir treffen uns alle zwei Wochen abwechselnd bei GEW und Ver.di
[1] Welchen verschwindend geringen Anteil die Lohnkosten für studentische Beschäftigte am Gesamtbudget der Unis ausmachen, kann man u.a. an einer Kleinen Anfrage der Linken an den Berliner Senat aus dem Jahr 2012 sehen (Drucksache 17/10121). Bei der Beantwortung der Frage mit dem Titel „Von den Hochschulen nicht beeinflussbarer finanzieller Mehrbedarf“ führte die TU unter anderem den Punkt „Tarifabschluss Stud. Beschäftigte“ an. Dieser belief sich auf 249.000 € / Jahr. Im Vergleich: die „Erhöhung der Bewirtschaftungsausgaben für Gebäude und Flächen“ war 10 Mal so hoch (2.491.000 €). Die „Tarifsteigerungen für planmäßige Arbeiter/innen und Angestellte“ beliefen sich auf 4.027.000 €. In Summe belief sich allein der Mehrbedarf(!) der TU im Jahr 2012 auf 27.305.000 €. Ein neuer Tarifvertrag für stud. Beschäftigte hätte weniger als 1/100 davon ausgemacht!
[2] Büchner, Georg et. al. (Hrsg.): Der Berliner Tutorenstreik 1986, Hamburg: VSA-Verlag, 1986, S. 16.
Aktueller Stand, 6. Mai 2018
Obwohl wir angeboten haben, den Großteil unserer Forderungen abzulehnen, sind die Hochschulleitungen zu keiner Einigung, die eine solide Kopplung an den TV-L umfasst, bereit.