Der Akademische Senat der Humboldt-Universität zu Berlin hat sich am 19. Januar 2016 einstimmig für die Hinarbeit auf einen neuen und besseren Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud) ausgesprochen.
Die Tarifinitiative TVSTUD begrüßt das Votum. Christian Heine, ein Sprecher der Initiative, sagt dazu: „Wir empfinden es als besondere Bestätigung, dass der scheidende HU-Präsident Prof. Dr. Olbertz unsere Argumente für einen neuen studentischen Tarifvertrag während der Sitzung als plausibel und unterstützenswert bezeichnete.“
Neben der Humboldt-Universität hatte im vergangenen Jahr bereits das Kuratorium der Technischen Universität Berlin die Universitätsleitung aufgefordert, die Verhandlungen mit den Gewerkschaften wieder aufzunehmen. Benjamin Bisping, studentischer Kurator der TU Berlin, erklärt den Zusammenhang: „An der TU Berlin sind wir schon lange überzeugt davon, dass der TV Stud ein Update benötigt. Allerdings möchte die TU Berlin hier keinen Alleingang machen. Wir freuen uns, dass die HU jetzt mit im Boot ist.“ HU und TU Berlin beschäftigen zusammen mehr als 4500 Studierende und damit mehr als die Hälfte der rund 8000 studentischen Beschäftigten Berlins (Zahlen aus den Leistungsberichten der Hochschulen 2013).
Christian Heine blickt nun nach Dahlem: „Wir hoffen, dass die Freie Universität Berlin sich jetzt ebenfalls für die Verhandlung eines neuen gemeinsamen Tarifvertrags offen zeigt. Es wäre unverständlich, wenn die FU ihre 2000 studentischen Beschäftigten von Verhandlungen ausschließen würde.“
Hintergrund
Seit 1986 gibt es in Berlin den Tarifvertrag für studentische Beschäftigte II (TV Stud II). Dieser wurde das letzte Mal 2003 aktualisiert. Seitdem sind Mieten und Lebenshaltungskosten in Berlin deutlich gestiegen, wohingegen der Stundenverdienst von 10,98 Euro unverändert blieb. Hinzu kam die einseitige Streichung des Weihnachtsgeldes durch die Hochschulen im Jahr 2004. Der heutige Verdienst liegt ca. 20% unter dem von 2003. Vom Gehalt einer studentischen Stelle können heute nur noch die wenigsten sorgenfrei leben. Forscher_innen sehen in diesem Zusammenhang die studentischen Beschäftigten als armutsgefährdet an.
Die Berliner Tarifinitiative TVSTUD hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Gewerkschaften ver.di und GEW die eingefahrenen Tarifverhandlungen von 2011 wieder anzuschieben. Sie steht in einer Reihe mit anderen studentischen Initiativen, welche im ganzen Bundesgebiet, z.B. in Frankfurt (Main), versuchen, die Arbeitssituation studentischer Beschäftigter zu verbessern.
Pressekontakt
Christian Heine: tvstud@asta.tu-berlin.de
Wortlaut des Beschlusses des Akademischen Senats der Humboldt-Universität zu Berlin vom 19.01.2016
Der hier wiedergegebene Beschlusstext ist unser Verständnis der während der Sitzung mündlich eingearbeiteten Änderungsanträge. Er kann somit redaktionell leicht von der endgültig protokollierten Version der HU abweichen. Letztere wird allerdings erst nach dem Beschluss des Protokolls in der nächsten AS-Sitzung feststehen.
Beschlusstext:
Das Präsidium der Humboldt-Universität zu Berlin wird beauftragt, sich gegenüber den übrigen Berliner Hochschulleitungen nachdrücklich für die unverzügliche Wiederaufnahme von Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften einzusetzen, um bessere tarifvertragliche Regelungen für die studentischen Beschäftigten zu schaffen.
Der Akademische Senat unterstützt das Vorhaben der Tarifinitiative zur Neuverhandlung des Tarifvertrages für studentische Beschäftigte. Der AS sieht die Notwendigkeit, neue tarifvertragliche Regelungen zu schaffen, die eine Verbesserung der Lage der studentischen Beschäftigten erwirken. Mit der Umsetzung wird das Präsidium der Humboldt-Universität beauftragt.
Begründung (aus dem Antrag):
Der Berliner Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud II) in seiner aktuellen Fassung vom 1.1.2003 ist der einzige Tarifvertrag für diese Beschäftigtengruppe an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Seit nunmehr 13 Jahren gab es keine Erhöhungdes Stundenlohns. Darüber hinaus ist der Tarifvertrag bisher nicht an die Neuregelungen des TV-L angepasst worden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass
1. bei stagnierenden Löhnen die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind. Insbesondere die Entwicklung der Mieten in Berlin führt dazu, dass die alleinige Finanzierung des Lebensunterhaltes durch eine 40 oder 60h-Stelle als studentische Hilfskraft nicht möglich ist.
2. die HU als Arbeitgeberin sich nicht im Wettbewerb mit Universitäten anderer Bundesländer befindet, sondern im Wettbewerb mit Firmen in Berlin. Studentische Beschäftigte erhalten dort neben höheren Gehältern auch eine berufliche Perspektive nach dem Studium.
3. Ausschreibungsfristen bei Bewerbungsverfahren auf studentische Hilfskraftstellen im zunehmenden Maße verlängert werden müssen, weil keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung stehen.
4. den studentischen Beschäftigten im Jahr 2003 seitens der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld ersatzlos gestrichen und auch nicht wieder eingeführt wurde. Die studentischen Beschäftigten stellen damit eine Aus nahme bei den Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeitern dar.
Studentische Beschäftigte sind ein wesentlicher Bestandteil der Lehre und Forschung an der HU Berlin. Darüber hinaus ist ihr Einsatz in anderen, nicht mit der Lehre direkt verbundenen Bereichen, wie z.B. in der Bibliothek, bei den Studienberatungsangeboten und zur Unterstützung der Evaluation von außerordentlicher Bedeutung. Für einige studentische Beschäftigte ist die Unterstützung in der Forschung im Rahmen von Drittmittelprojekten auch ein möglicher Einstieg in die wissenschaftliche Laufbahn an der HU Berlin. Hier muss das Interesse der Universität im Besonderen auf die Gewinnung von Nachwuchskräften liegen, um auch zukünftig die wissenschaftlichen Reputation und den Erfolg bei der Einwerbung von Drittmitteln zu steigern. Eine solide Finanzierung ist daher unabdingbar.
Darüber hinaus wird empfohlen, stärker als bisher in geeigneter Weise in allen Bereichen auf die Vereinbarkeit von Studium und Beschäftigung zu achten und seitens der Beschäftigungsstelle Arbeitszeitmodelle zu etablieren, die an den Bedürfnissen der Hilfskräfte orientiert sind. Da der prozentuale Anteil der drittmittelfinanzierten studentischen Hilfskraftstellen seit 2001 stetig steigt, ist es zudem wichtig, die Umsetzung der tarifvertraglich und hochschulgesetzlich festgelegten Vertragsdauer von 24 Monaten bei der Einwerbung von Drittmitteln stärker zu kontrollieren. Damit kann den studentischen Beschäftigten eine Quelle zur Finanzierung des Lebensunterhalts und damit unterstützende Bedingungen zur Vereinbarkeit von Studium, Beschäftigung und individueller Lebensführung geboten werden.
Ein Beschluss des Akademischen Senates wird außerdem die Absichtserklärung der Technischen Universität Berlin, gemeinsam mit den Berliner Hochschulen auf die Aufnahme von Tarifverhandlungen hinzuwirken (Beschluss des Kuratoriums der TU vom 27.03.2015), unterstützen und zur Erarbeitung eines neuen Tarifvertrages für studentische Beschäftigte beitragen können.
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